Direkt zum Hauptbereich

Baskisch - zwischen Ländern und Ideologien

Wie kommt es, dass in einer Region rund um die Pyrinäen in drei Regionen Spaniens und einer Frankreichs eine Sprache gesprochen ist, die keine romanische ist, ja, die eigentlich mit keiner anderen Sprache Europas so richtig verwandt ist? Das Baskische, das für Französisch- und Spanischsprachige wie Chinesisch klingt und deren Volk vor allem in Spanien immer wieder für polityisch-radikales Aufsehen sorgt, ist aber keinesfalls dem Untergang geweiht, ganz im Gegenteil: Es ist geradezu ein Paradebeispiel an Spracherhaltung, mit einem allerdings sehr bitteren Beigeschmack.
Die ETA (frei übersetzt so viel wie Baskenland und Freiheit) kämpft bereits seit 1958 für die Unabhängigkeit des Baskenlandes in Spaniens. Viele Menschenleben mussten in diesem Kampf ihr Leben lassen und noch immer ist die linksradikale Terrorgruppierung sehr aktiv. Und was braucht ein Volk für sein Nationalbewusstsein? Richtig, natürlich eine Sprache. Dem Baskischen war dies nur von Vorteil, denn in Spanien ist sie, nach einer langen Periode der Unterdrückung während Franco, Amtssprache, dem Spanischen gleichberechtigt. Die Basken sind zum Großteil bilingual und die baskischen, öffentlichen Schulen konnten einiges zur Vermittlung des Baskischen beitragen, den nicht zuletzt sind sie auch für ausgezeichnetes pädagogisches Niveau bekannt.
Soweit auf der spanischen Seite, auf der französischen allerdings, wo die Existenz der ETA und ihre terroristischen Aktivitäten auch für Spannungen für gesorgt hat, ist das Baskische jedoch nicht Amtssprache.
J.-B. Coyos (2004) hat generelle Rückschlüsse aus den Sprecherzählungen der letzten Jahre gezogen und beobachtet, dass das Baskische auf der französischen Seite zwischen 1991 und 2001 14500 Sprecher verloren hat. Allerdings sind die Verluste in den letzten Jahren niedriger geworden. Während zwischen 1991 und 1996 1300 weniger Spreche gezählt wurden, waren es zwischen 1991 und 2001 “nur” 1000 weniger Sprecher. Die Zahl der Sprecher mit passivem Sprachwissen hingegen steigt ständig.
Auf französischer Seite fehlt es allerdings an aktiver Unterstützung von Sprachunterstützungsmaßnahmen und die durchgeführten Maßnahmen konnten keine so großen Erfolge vorweisen, wie die des Bretonischen zum Beispiel.
Zum einen ist Frankreichs zentralistische Regierung nicht gerade um "Regionalsprachen" bemüht, zum anderen haben die terroristischen Aktionen der ETA (immer wieder flüchten Terroristen der ETA in den französischen Teil des Baskenlandes) sicherlich nicht zum positiven Image der Sprache beigetragen.
Bleibt nur zu hoffen, dass trotz allem der Wert dieser mysteriösen Sprache, von der niemand so genau weiß, woher sie kam, am Ende doch über den koflosen Aktionen einiger steht und auf beiden Seiten der Grenze (weiterhin) um den Erhalt dieser linguistischen Diversität gekämpft wird.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Bretonische Wiederbelebungsversuche

Die Zahl der Sprecher des Breto- nischen hat sich seit den 1950er-Jahren drastisch verringert. Da die Franzö- sische Republik keine Sprecher- zahlen der auf ihrem Territorium gesprochenen Sprachen erhebt, beruhen alle Angaben auf Schätzungen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass 1950 etwa 1.200.000 Menschen des Bretonischen mächtig waren, wovon einige zehntausend sich nicht fließend auf Französisch verständigen konnten. Mit dem Aussterben dieser monoglotten Bevölkerungsgruppe setzte ein schneller Übergang zum Französischen ein, da die meisten bretonischsprachigen Familien begannen, ihre Kinder einsprachig auf Französisch aufzuziehen, um ihnen Diskriminierung in Schule und Berufsleben zu ersparen. Heute wird die Zahl der brezhonegerien (Bretonischsprecher) auf unter 250.000 geschätzt, von denen etwa zwei Drittel älter als 60 Jahre alt sind. Nur maximal halb so viele Menschen verwenden die Sprache auch tatsächlich im Alltag. Bretonisch ist also vom Aussterben bedroht, aber es ist noc

Halo-Halo

7107 Inseln und mehr als 170 Sprachen und unzählige Dialekte, das sind die Philippinen. Ein richtiges Halo Halo, wie man auf Tagalog, eine der vielen Sprachen dieses Inselstaates sagt, ein Wirr Warr. Spanische Kolonialzeit, amerikanische Okkupation, japanische Okkupation und Militärdiktaturen bewegten seine Vergangenheit und verschiedene Religionen, Ethnien und Konflikte bestimmen seine Gegenwart. Auch die Philippinen waren zwischen und nach Ende der Besatzungszeiten auf der Suche einer Nationalsprache, um die Nation zu einen, die nationale Identität zu stärken. Die spanische Kolonialherrschaft verhängte zwar über ihre Kolonie eine offizielle Sprachpolitik, um Spanisch als Nationalsprache zu etablieren. Die Missionare waren sich allerdings bewusst, dass es vielleicht besser sei, wenn die Bevölkerung nicht alle offiziellen Erlässe verstehen konnte, und setzte nicht viel daran, diese Sprachpolitik auch umzusetzen. "Erfolgreicher" waren da die Amerikaner und Englisch wurde s

Sprache und Identität

Wenn zwei Personen miteinander sprechen, werden nur etwa 5-10% des Inhalts tatsächlich über die Wörter kommunizieren. Der restliche Inhalt wird über Situationskontext, Mimik, Gestik, Sprechverlauf, Stimmklang etc. übertragen. Es ist also nur allzu offensichtlich, dass Sprache viel mehr ist als nur Mittel zur Übertragung von Inhalten. Dazu wären 5-10% viel zu uneffektiv und die Menschheit wäre durch die Evolution schon längst dazu getrieben worden, ein geeigneteres Mittel zur Kommunikation zu entwickeln. Sprache kann viel mehr als Inhalte vermitteln. Ein Sprecher spiegelt in seiner Sprache seine Identität wieder und nimmt mit der Sprache des anderen seine Identität wahr. Sprache bietet ihren Sprechern einen Rahmen, um ihre Welt wahrzunehmen, sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen und einer anderen fremd. Sprache ist verbindend und trennend und birgt viel mehr Potential als es uns bewusst ist. Individuen ihre Sprache zu nehmen, bedeutet sie ihrer Identität zu berauben, ihren Platz in der